Dritte Möglichkeit, mit überzähligen Äpfeln fertig zu werden - der
Apfelstrudel. Ich gönne dem mal eine eigene Rubrik, weil er sich vom hausgemachten Kuchen
doch in einigen Kriterien unterscheidet. Wir wollen hier voller Scham über die aus Blätterteig gefertigte Strudel-Abart schweigen. Strudel wird aus Strudelteig gemacht. Punktum Streusand.
Wer Scheu vor Fett hat, für den war schon der Mürbeteig-Apfelkuchen nichts. Beim Fettgehalt muss sich auch der Strudel nicht verstecken. Was den Teig so knusprig macht, ist Fett. Was den Puderzucker auf dem fertigen Backwerk nicht gleich wieder verwehen lässt, ist Fett. Vergiss also Kalorien- und Cholesterinwerte. Lehn dich zurück und genieße. Oder lass es gleich ganz sein. Wir sehen uns an der Salattheke.
Rezepte für Strudelteig gibt es zuhauf. Entscheidend sind zwei Dinge - die Zusammensetzung der Füllung und die Stärke des Teiges. Denn der muss dünn sein. Hauchdünn. So dünn, dass man durch ihn Zeitung lesen könnte, sagt man gern. Deswegen muss man ihn auf einem eingemehlten Tuch ausrollen und dann behutsam dehnen.
Das tut man mit den Handrücken, nicht mit den Fingern. Auf den zur Folie gezogenen Teig kommen zerlassene Butter und eine feine Schicht Semmelbrösel als Grundlage für die Füllung.
In die gehören - herbe Äpfel, wie immer Rosinen, etwas Zitronensaft, abgeriebene Zitronenschale. Die Schale einer ganzen Zitrone, wie oft angegeben, ist aber zu viel. Das hier soll ein Apfelstrudel werden, kein Zitruskuchen. Zucker kommt selbstverständlich hinein. Zimt. Vielleicht ein paar Pinienkerne, vielleicht einige gehackte Walnüsse. Ein Strudel ist eine Art universaler Container. An Stelle der Äpfel lassen sich genauso gut Aprikosen verbacken. Oder Quitten. Oder Trockenfrüchte. Schönste Beigabe zu einem Stück Apfelstrudel - selbst gemachte Vanillesoße mit frischem Eigelb und Bourbon-Vanille.
Zuletzt Variante Nummer Vier - das
Apfelgelee.
Wie immer hat hier meine Oma die gültigen Maßstäbe gesetzt, denen ich seit Jahren zu genügen suche. Die Kernfrage ist die Konsistenz des Gelees. Auf halbem Wege zwischen „flüssig“ und „gummiartig fest“ liegt der Idealzustand - stabil genug, damit das Gelee nicht von selbst vom Brötchen läuft, und andererseits so zart, dass der Marmeladenlöffel allein durch sein Eigengewicht hindurch sinkt. Ein zu festes Gelee schmilzt nicht auf der Zunge. Dann kocht man lieber gleich Marmelade oder Mus.
Ausgangspunkt für das Gelee ist Saft. Den bekommt man, indem grob zerkleinerte Äpfel - unbedingt samt Schalen und Kerngehäusen! - mit etwas Wasser
(je nach Größe des Topfes ein halber bis ein ganzer Liter, mehr Wasser erhöht zwar die Ausbeute, verdünnt aber auch den Geschmack) aufgekocht werden. Wie beim Apfelmus muss man, was die Güte der Früchte angeht, nicht übermäßig wählerisch sein. Interessant ist es aber, reinsortiges Gelee zuzubereiten - wir hatten in den letzten Jahren immer wieder mal Äpfel, die einen leicht rötlichen Saft und damit auch ein entsprechend getöntes Gelee abgaben.
Äpfel weich köcheln, die heiße Masse in ein Seihtuch gießen. Das Seihtuch kann in einem Sieb liegen, man kann es aber auch, wie beim Brombeergelee schon beschrieben, mittels Knoten in den Ecken über einen umgedrehten Hocker hängen. Am besten eine Nacht lang abtropfen lassen und zugunsten eines wirklich klaren Saftes nicht nachdrücken.
Schließlich kocht man den Saft entweder mit Zucker auf
(dauert länger und birgt die Gefahr, dass die Flüssigkeit die magische Grenze zum Gelee nie überschreitet) oder mit Gelierzucker. Nicht länger als eine Minute sieden lassen, zur Vergewisserung aber auf jeden Fall eine Gelierprobe machen. Außer Zucker gehört noch eine aufgeschlitzte Vanilleschote in den Saft. Das Mark kann man mit einem Messer ein bisschen auskratzen und in der Mischung verteilen, die Schote selbst bleibt bei der Zubereitung drin und sieht nach dem Abfüllen ins Schraubglas ziemlich dekorativ aus. So hat das jedenfalls meine Oma immer gehalten. Und ich habe keinen Grund, auch nur ein Jota von ihren Vorgaben abzurücken.