Zweimal Apfel
Zweimal Apfel
Samstag, 13. September 2008
Wir sind in der glücklichen Lage, dass gleich zwei Eltern-Parteien über einen Kleingarten verfügen. Fast jedes Jahr fallen einem dort zentnerweise Äpfel vor die Füße. Kein Mensch schafft es, diese Mengen frisch zu vertilgen. Platz zum Einlagern gibt es auch nicht. Damit das Obst nicht auf den Kompost muss, sind wir ständig auf der Suche nach Verwertungsmöglichkeiten. Vier davon im folgenden.
Die dankbarste Variante ist die Zubereitung von Apfelmus. Dafür kommt jede Qualität in Frage - kleine, große, angeschlagene, wurmstichige, schorfige, überreife und unreife Äpfel. Dennoch gibt es wenig Abfall. Die Früchte müssen nicht geschält und auch nicht aufwendig entkernt werden. Selbstverständlich schneidet man faulige Stellen ab und Madengänge heraus. Ansonsten zerteilt man die Äpfel einfach in grobe Stücke und gibt sie in den größten Kochtopf, der zur Hand ist.
Anschließend müssen die Äpfel durch ein Sieb gedrückt werden. Das geht entweder mit der klassischen „Flotten Lotte“ oder mit Hilfe jenes skurrilen Zubehörteils für das Rührgerät, bei dem auf einer Kunststoffscheibe eine Schneckenform eingeprägt ist. Wir bevorzugen ein eher grobmaschiges Sieb, mit dem das Apfelmus nicht ganz so fein wird.
Wie viel Zucker in das Mus gehört, ist eine Glaubensfrage. Dabei geht es nicht nur um den Geschmack, sondern auch um die Konservierungseigenschaften von Zucker. Wer Apfelmus in Schraubgläser füllt, braucht mehr. Wer es einfach einfriert, natürlich weniger. Mit etwas Zitronensaft lässt sich die rechte Balance zwischen Säure und Süße einstellen. Dann kommt, jedenfalls in unserer Küche, noch etwas Vanillezucker dazu. Äpfel und Vanille sind ein Traumpaar, so wie Pflaumen und Zimt.
Weil es uns an Platz in der Tiefkühltruhe fehlt und das Apfelmus ohnehin nicht für mehrjährige Lagerung gedacht ist, schöpfen wir es in vorher ausgekochte Schraubgläser. Ein bisschen Tempo ist hier gefragt - das Mus soll möglichst heiß ins Glas. Für die ausreichende Konservierung ist es ohnehin am besten, wenn man es nach dem Passieren noch einmal erhitzt. Besorgt man das allerdings im Kochtopf, kann die Sache in einer ziemlichen Sauerei enden. Dickflüssiges Apfelmus schlägt Blasen, die gern dann zerspritzen, wenn man gerade sein Gesicht über den Topf hält. Außerdem neigt es zum Anbrennen.
Sicherer ist das Sterilisieren bzw. Pasteurisieren im Backofen. Die Gläser, die sich dabei nicht berühren dürfen und alle möglichst gleich groß sein sollten, kommen in die Fettpfanne des auf 175 Grad erhitzten Backofens. Dann wird Wasser aufgegossen, bis sich ein Spiegel von etwa zwei Zentimeter bildet. Wenn in allen Gläsern die ersten sichtbaren Luftblasen entstehen, wird der Ofen ausgeschaltet. Dann lässt man die Gläser bei geschlossener Ofentür noch fünfzehn bis zwanzig Minuten stehen. Mit der Sterilisierzeit nicht übertreiben, sonst werden die Metalldeckel der Gläser zu heiß und das Mus darunter färbt sich bräunlich.
Der Mürbeteig hat die klassische 1-2-3-Komposition: Ein Teil Zucker, zwei Teile Butter, drei Teile Mehl. Wenn man je Teil 100 g ansetzt, kommt man mit diesem Verhältnis auf 600 g Teig. Ein Ei dazu. Alles kühlschrankkalt. Mit einem Messer hacken und vermengen, dann mit eiskalten Händchen rasch verkneten. Zur Kugel formen und folienumhüllt eine Stunde im Kühlschrank ruhen lassen.
Vom klammen Teig teilt man etwa ein Drittel ab. Das ist der Rohstoff für den Deckel. Ein weiteres gutes Drittel Teil drückt man auf dem Boden einer nur leicht gefetteten Tortenform breit. Das letzte Drittel - kann auch etwas weniger sein - wird zu einer langen Rolle geformt und an den Rand der Form gepresst. In diese Mulde kommt die Apfelmasse - grob geraspelte, möglichst säuerliche Äpfel, die mit etwas Zitronensaft und Zimt aromatisiert wurden. Gesüßt wird mit Zucker oder Honig. Unbedingt müssen auch noch Rosinen hinein, die vor der Zubereitung einen halben Tag in lauwarmem Wasser oder, besser noch, braunem Rum geruht haben sollten. Abschließend wird der Teigdeckel zurecht gewalzt - das geht prima zwischen zwei Bögen Backpapier - und vorsichtig aufgelegt und angedrückt. Gebacken wird bei 200 Grad, also bei einer Temperatur, die beim enthaltenen Zucker bereits eine sanfte Kernschmelze einsetzen lässt. Der fertige Kuchen verdient selbstverständlich einen Zuckerguss.
Unterdessen hat man genug Muße, die Äpfel zu schälen, das Kerngehäuse zu entfernen und sie zu Spalten zu schneiden. Gleich ein paar Tropfen Zitronensaft drauf, damit sie nicht braun werden. Die Äpfel auf den Teig schichten, die oben erwähnten Rosinen drauf, mit Zimt bestäuben. Entweder zaghaft zuckern oder mit Streuseln (Puderzucker, Mehl, Butter, Eigelb) belegen. Gebacken wird bei 180 Grad, auf keinen Fall zu lange - obwohl kein Familienmitglied von dort stammt, sind wir Anhänger der süddeutschen Kuchenback-Schule, bei der das Backwerk innen gern noch etwas feucht sein darf.
Malus domestica. Hängt überall rum.