Wer wochentags für Fernsehmagazine durch die Republik reist, muss irgendwo schlafen. Der Leser möge sich über das zur Verfügung stehende Budget keine Illusionen machen. Ein Aufnahmeleiter ist ein praktischer Mensch, und er denkt unbedingt ökonomisch.
In der Regel wird er eine Unterkunft aussuchen, die in der Nähe des geplanten Drehorts liegt und die Produktionskosten nicht durch unziemlichen Luxus belastet. So gelangt man auch ins oberpfälzische Auerbach, in dessen Ortskern das Hotel
„Goldner Löwe“ liegt.
Erster Eindruck nach der Ankunft - man hat nicht nur eine Reise durch den Raum, sondern zugleich auch eine durch die Zeit gemacht und ist nach dem
time warp in der ersten Hälfte der 1980-er aufgeschlagen. Funktionslose Holzrahmen an den Wänden, dazwischen wuchern die braun-gelben Blümchen der Tapete, alles wird erleuchtet von einer Lampe mit einem Pergament-Schirm, der an den Seiten mit grauer Borte umstickt ist. Ein hellgraues Telefon mit Wählscheibe und ein Nordmende-Fernseher ohne Fernbedienung. Im Bad beigefarbene, geprägte Fliesen und ein Klodeckel aus
dunkelbraunem Bakelit. Die Heizung funktioniert nicht, aber erstaunlicherweise gibt es WLAN. Allerdings zu den notorischen Halsabschneider-Preisen der einschlägig bekannten Versorger.
Wer dann im stollenartigen Erdgeschoss des Hauses - das Design ist Absicht, weil die lokale Bergbau-Tradition bemüht werden soll - noch etwas zu Abend essen möchte, wird erneut überrascht. Diesmal positiv. Denn es gibt einige überhaupt nicht bodenständige Fischgerichte, zum Beispiel eine Terrine mit Aal und Zander zu Salat. Zuvor eine mehr als anständige Lamm-Consommé samt Pistou. So kann man später beruhigt zu Bett gehen und sich mit dem Gedanken trösten, dass solch ein Hotelaufenthalt doch ganz überwiegend mit geschlossenen Augen absolviert wird.