Halbe Runde
Halbe Runde
Mittwoch, 20. August 2008
Es ist 13 Grad kalt, leichter Nieselregen. Perfektes Wetter. Bei 30 Grad nimmt ein Läufer hitzefrei, wenn er nicht gerade aus den Sahara-Randgebieten stammt. Außerdem sind bei heiterem Himmel viel zu viele Leute auf der Uferstrecke unterwegs. Harmlose Wanderer, die an jeder Windung des Weges viel zu lange herumstehen, verirrte Rentner in Sandalen, die eigentlich gleich wieder zur Schiffsanlegestelle wollten, oder, worst case, ein Schwarm Nordic Walker beim Geländeausflug.
In die Rückentasche der Laufhose kommt noch etwas Geld, um Notsituationen aufzufangen. So kann ich, falls ernsthaft lädiert, mit dem Schiff heimfahren und vorher beim Fischerwirt in Achenkirch noch frischen Saibling essen. Im schlimmsten Fall reichen die Scheine sogar für eine Taxifahrt zurück auf die Alm. Aber daran will ich gar nicht denken. Ich bin nicht hergefahren, um jetzt zu kneifen.
Knapp zwei Kilometer sind bewältigt. Hinter dem Strandbad beginnt ein gepflegter Kiesweg direkt am Ufer, er führt bis zu so genannten Prälatenbuche. Hier kommt mir ein anderer Läufer entgegen, der entschieden zeitiger gefrühstückt haben muss. Neidvoll muss konstatiert werden: Der Mann wirkt schneller und trainierter als ich. Viel Spaß noch.
Das Wetter ist weiter trüb. Die Nordspitze des Sees ist kaum zu erkennen. Nur im Süden, über dem Inntal, sieht es heller aus. Müde platscht das Achensee-Wasser an die Steine.
Nach gut drei Kilometern ist es vorbei mit der gemütlichen Flachstrecke. Es geht unvermittelt auf einen Pfad, der kräftig ansteigt. Kurzer Systemcheck - von den Knien kein Warnsignal, Luft ist auch genug da. Sieht aus, als sei die Sache tatsächlich zu schaffen.
Hin und wieder ein paar Wanderer, an denen man sich vorbeidrücken muss. Der Pfad ist zum Teil weniger als einen Meter breit und mitunter nur grob in den Fels gehauen. Der Nieselregen macht ihn rutschig. Mit stabilen Wanderstiefeln sicher kein Problem, mit den Laufschuhen heißt es höllisch aufzupassen.
Nach vier Kilometern mache ich erstmals dankbar Gebrauch vom angenehm weichen Wasser aus einem Bergbach. Immer wieder beschlägt jetzt die Brille, aber abnehmen will ich sie auf diesem schmalen Weg besser nicht.
11:25 Uhr - eine knappe Stunde bin ich jetzt unterwegs. Hinter der Gaisalm beginnt ein Teil der Strecke, den ich etwas ungenügend recherchiert habe, wie sich herausstellt. Der Mariensteig. Zunächst geht es in mehreren Windungen ein paar provisorische Treppen bergan. Die Stufen sind zu hoch, um sie im Trab zu bewältigen. Stehen bleiben gilt nicht, aber ich muss in einen ruhigen Schritt wechseln. Auf den nächsten zweieinhalb Kilometern bis kurz vor Achenkirch geht das Auf und Ab weiter, oft 30 oder 40 Meter über dem Ufer. An einen halbwegs gleichmäßigen Laufrhythmus ist nicht mehr zu denken. Immerhin klart die Sicht auf. Der Achensee liegt frei, die Wolken heben sich.
Der Achensee an einem sonnigeren Tag.