Gegen 12:00 Uhr sind endlich die ersten Häuser von
Achenkirch erreicht. Etwa neun Kilometer liegen hinter mir, einige über Stock und Stein, daher die vergleichsweise bescheidene
Durchschnittsgeschwindigkeit. Noch nicht einmal die Hälfte der Strecke ist damit absolviert, aber wohl ihr schwierigster Teil. Jetzt gibt es erst einmal eine unerbetene Ehrenrunde. Ein großes Privatgrundstück mit Wiesenland reicht bis ans Ufer, der Inhaber gewährt keinen Durchgang. Ein bisschen Herumirren zwischen Weide, Campingplatz und Strand, dann habe ich den Weg wieder.
Zehn Kilometer. Achenkirch Strandbad - hier sind noch ein paar Dämonen zu vertreiben. Letztes Jahr hatte ich an dieser Stelle einen Unfall. Deswegen konnte ich den schon für den vergangenen Sommer geplanten Lauf um den See damals erst gar nicht antreten. Jetzt laufe ich hier noch einigermaßen elastisch durch.
Hotel Scholastika - jetzt sind knapp 12 der 23 Kilometer geschafft. Weiter geht es auf einem
Asphaltweg unterhalb der Uferstraße. Endlich Gelegenheit für gleichmäßigen Schritt. Ein bisschen Traubenzucker, ein Kaugummi, das stimmt froh. Nicht, dass ich jetzt übermäßig erschöpft wäre. So wie jetzt könnte ich noch eine ganze Weile weiter traben. Für die restlichen 11 Kilometer reicht es auf jeden Fall noch.
13 Kilometer sind vorbei. Noch zehn. Seltsamerweise hat die Vorstellung von noch ausstehenden zehn Kilometern mit den Wochen des Trainings längst den Schrecken verloren. Gegenüber taucht jetzt wieder die Gaisalm auf. Doch der Weg auf der östlichen Seeseite ist weiter als auf der westlichen - der Achensee hat am südöstlichen Ende eine große Ausbuchtung, die erst einmal umlaufen werden möchte.
Kilometer 18. Kurz vor
Buchau. Auf der anderen Seeseite liegt Pertisau.
Auch den Parkplatz des Autos kann ich schon erkennen. Aber bis dahin sind noch fünf, sechs Kilometer zurückzulegen. Langsam melden mir meine Knie, dass sie durchaus nicht einverstanden mit dieser andauernden Belastung sind. Ich ignoriere das. Die Sonne kommt raus, wie zur Belohnung.
Am Südende des Sees, bei Kilometer 21, wird der Abfluss Richtung Jenbach überquert. Dann ist es nicht mehr weit bis
Seespitz, wo
Zahnradbahn und Achenseeschiff halten. Gerade ist eine Busladung Rentner eingetroffen, die unschlüssig zwischen Dampflok und Bootssteg herumstehen. Da muss ich durch. Dann aber kann ich mich auf die Zielgerade machen. Noch beim
St. Hubertus vorbei bis zum Parkplatz. Auf den letzten 300 Metern gelingt mir sogar noch eine Art Endspurt. Dann ist es vorüber. 23 Kilometer in 2:40 Stunden. Das war ja einfach.
Der Läufer-Profi mag hier herablassend gähnen. Aber schneller wollte ich ja gar nicht sein.
Als Ehrenpreis warten im Wald hinter dem Parkplatz noch einige nicht ganz reife Brombeeren. Doch man nimmt ja, was man kriegt. Während ich im Auto sitze und an den Beinen die Rheumasalbe von gestern Abend noch einen leichten Nachbrenneffekt entfaltet, überlege ich mir allerdings, wie es nun weitergeht. Das große Ziel der letzten beiden Sommer ist erreicht. Wohin jetzt? Wohl oder übel werde ich mich mit dem Gedanken an einen offiziellen Halbmarathon anfreunden müssen. Wahrscheinlich über eine topfebene Strecke im Berliner Zentrum im Wettbewerb mit zehntausend Wahnsinnigen. Das lasse ich mir noch einmal genau durch den Kopf gehen. Erst einmal darf ich mich auf das Ripperl-Essen heute Abend auf der Alm freuen.