Holunderblüte 1
Holunderblüte 1
Samstag, 24. Mai 2008
Die schweigsame Frau Fish, mit der wir befreundet sind, ist bei der Heckenpflege im Garten unverhofft auf einen Holunderstrauch gestoßen. Hier tut sie ihre Freude kund. Recht hat sie. Übrigens auch mit Ihrer Abneigung gegen die Thuja-Wand des Nachbarn. Doch während Frau Fish nachbarschaftliche Rücksicht üben muss, kann ich aus der luftigen Höhe des Balkons ganz ungefährdet über die Thuja-Plage herziehen. Es ist ja auch ein Kreuz. Ein befreundeter Kameramann gab mir mal seine Unterhaltung mit einem Gärtner aus den alten Bundesländern wieder, der glaubhaft versicherte, das gesamte Thuja-Geschäft hätte Ende der 1980er schon am Boden gelegen, bis es durch die politische Wende wiederbelebt wurde. Jeder Eigenheimbauer im Osten scheint nun geneigt, die neue Familienfestung mit Thuja zu umfrieden. Der Lebensbaum-Verhau wird offenbar als Wohlstandssymbol missverstanden. Gnadenlos weggehackt wird dagegen alles, was den Blick von draußen weniger effektiv versperrt und vielleicht sogar Vögeln oder Igeln Unterschlupf böte. Wie auf dem Nachbargrundstück neben unserem Mietshaus. Als vor drei Jahren neue Bewohner in das Einfamilienhaus zogen, begannen sie sofort mit Rodungsarbeiten. Abgesägt wurden ein alter Birnbaum (der eigentlich guten Sichtschutz gegen den Blick aus den oberen Etagen der Nachbarhäuser bot) und - ein wundervoller Holunder. Großer Fehler. Wie heißt es schließlich bei heilkraeuter.de: „Im Volksglauben hausen die guten Hausgeister in Holunder-Bäumen, daher überlegt sich der abergläubische Landbewohner ganz genau, ob er einen Holunder fällen soll oder nicht.“ Angepflanzt wurde selbstverständlich Thuja. Momentan erfährt das Elend eine Fortsetzung, weil zur seitlichen Umfriedung zusätzlich noch Kirschlorbeersträucher gesetzt werden. Es ist eine traurige Welt.
Was fängt man mit den Hollerblüten an? Einigermaßen bekannt ist das Ausbacken der in Teig getunkten Rispen. Das verlangt allerdings das Erhitzen großer Mengen Fett, von denen man anschließend nicht weiß, wie man sie wieder los wird. Eine bessere Idee ist das Ansetzen von Holundersekt oder Holunderprosecco. Dafür gibt es zwei Wege. Der einfachere ist die Aromatisierung von handelsüblichem Schaumwein. Man drückt dazu einige Dolden in eine Glaskanne, gießt mit Sekt auf und stellt das Ganze für einen halben Tag in den Kühlschrank. Wer am Morgen Blüten pflücken war, kann also am frühen Abend das Ergebnis genießen. Dazu wird der Ansatz durch ein Sieb in Sektgläser verteilt, anschließend gießt man mit frisch entkorktem Sekt oder Prosecco auf. Das ist die Essenz des Frühsommers - den Geschmack muss man gut im Gedächtnis behalten. Konservieren lässt sich das Getränk praktisch nicht - nur über den Umweg mit Holundersirup, den man ja auch mit Sekt aufmischen kann.
Der andere Weg zum Holundersekt - oder exakter Holunderblütensekt - ist die Vergärung der Blüten selbst. Eine Anleitung dafür steht zum Beispiel hier. Und eine rege Diskussion zum Thema mit etlichen schönen Rezepten lässt sich hier nachlesen. Wenn ich ein paar passende Flaschen finden sollte, probiere ich das dieses Jahr auch mal.
Alhorn, Elder, Ellhorn, Eller, Flieder, Hölder, Holder, Holderbaum, Holderbusch, Holler, Kelkenbusch (Quelle: www.zauber-pflanzen.de/sambucus.htm)