Ein paar Küchen-Zutaten gibt es, ohne die das Leben nicht lohnt. Wer jemals frisch gemörserten Schwarzen Pfeffer gerochen hat, der will von der fertig gemahlenen Ware nichts mehr wissen. Mit größtem Befremden habe ich vor einigen Wochen im Gewürzregal noch ein Glas eines grauen Pulvers entdeckt, das nach nichts Bestimmtem duftete und nur ungefähr scharf zu schmecken schien. Es stellte sich heraus, dass es offenbar vor Jahren angeschaffter gemahlener Pfeffer war. Was der in unseren Vorräten zu suchen hatte, wird für immer ein Rätsel bleiben. Natürlich wanderte das Zeug umgehend in den Biomüll.
Neben dem Schwarzen Pfeffer gehört unbedingt
Rosmarin in meinen Küchen-Kanon. Selbstverständlich auch nicht als Trockenprodukt, sondern frisch vom Strauch. So ein Busch muss also immer auf dem Balkon stehen. Im Winter leidet er regelmäßig, weil ihm für Braten, Gulasch oder gebackene Kartoffeln fast wöchentlich Triebe abgeschnitten werden. Der vorletzte Strauch wurde von einer Dachlawine gefällt. Aber Frühling für Frühling bedankt sich mein Rosmarin mit hellblauen Lippenblüten, die sich meist schon im Februar öffnen. Wenn ich den Strauch damals im Heimatkunde-Unterricht unter „Frühblüher“ eingeordnet hätte, wäre mir indessen ein saftiger Punktabzug sicher gewesen.
Rosmarin-Aroma wird meist mit eher herzhaften Speisen verknüpft. Aber das ist kein Diktat.
Mit Rosmarin funktioniert auch Süßes. Eis zum Beispiel. Rosmarin-Eis schmeckt allerdings zu eigen, um jemals in einen Verdrängungswettbewerb mit klassischen Sorten wie Vanille oder Schokolade einzutreten. Wie bei Lavendeleis auch stolpert man beim ersten Kosten über die Assoziation mit Badeöl. Daran muss man sich erst einmal gewöhnen. Und die zuträgliche Dosis, bevor einem der Geschmack zu viel wird, ist ebenfalls vergleichsweise niedrig. Es ist eben Eis für das feine, kleine Dessert - nicht für den Halblitereimer, den man vor dem Fernseher verschlingt. Rosmarineis braucht außerdem begleitende Aromen, geschmackliche Kontraste. Wer wüsste das besser als der begnadete Patissier Johann Lafer, von dem
dieses Rezept stammt und der dazu gegrillten Pfirsich und Himbeerkrokant empfiehlt.
Die gleich acht Eier in Lafers Rezept empfinde ich allerdings als ein wenig zu viel des Guten. Ich setze auf eine nicht ganz so reichhaltige Basis. Drei möglichst frische Eigelbe schlage ich mit 100 g Zucker zu einer Creme

. Währenddessen werden 250 ml Milch warm, in der drei Rosmarinzweige und eine geteilte, ausgeschabte Vanilleschote dümpeln. Die erhitzte Milch wird in dünnem Strahl langsam und unter eifrigem Rühren in die Eigelbmasse gemischt - nicht zu rasch, sonst stockt das Ei und wird krümelig. Dann kommt alles zurück in den Kochtopf und wird dort auf kleiner Flamme weiter erwärmt, während ich es mit einem Holzlöffel in steter Bewegung halte. Jetzt kommt es darauf an, jenen Punkt zu erwischen, an dem der Topfinhalt noch nicht kocht, aber dick zu werden beginnt. Es ist also keinesfalls Gelegenheit, im Netz nach Verwendungsmöglichkeiten für das übrig gebliebene Eiweiß zu suchen. Die warme Creme schütte ich in eine Metallschüssel, die wiederum in ein kaltes Wasserbad gesetzt wird - rasche Abkühlung ist jetzt entscheidend, denn der Eis-Ansatz soll schon aus hygienischen Gründen schnellstens in den Kühlschrank. Dort kann er dann - die Rosmarinzweige und die Vanilleschote sind nach wie vor dabei - über Nacht vor sich hin ziehen und noch etwas Aroma gewinnen.
Am
nächsten Tag können die Gewürze entnommen werden. Dann kommen 300 ml Sahne in die Eigelb-Milch-Creme. Gut vermischen und in die laufende Eismaschine gießen. Eine Eismaschine sollte es in jedem Haushalt geben. Eismaschinen gehören definitiv nicht in die Klasse unnützer Haushaltsgeräte. Nach gut 20 Minuten ist das Rosmarineis perfekt. Ich probiere dazu ein paar Mangoscheiben, die in heißer Butter geschwenkt wurden und einige Tropfen Trockenbeeren-Balsamessig abbekommen haben. Außerdem ist das Eiweiß in Form von Baisers verwertet worden, die einen schönen knusprigen Texturkontrast abgeben. Ja, so geht das. Vielleicht sollte diesen Sommer ein zweiter Strauch Rosmarin angepflanzt werden.