Die schönsten Drehs des letzten Jahres? Unangefochten vorn steht die Produktion zum „Kaffee-Experiment“ des Schwedenkönigs Gustav III. für
„Hauptsache gesund“.
Ein wunderbarer Kostümdreh im Schloss Trebsen bei Grimma, direkt an der Mulde. Näheres ist
hier schon geschildert worden. Vielen Dank an Aufnahmeleiter Tilo Glawe, an Cutter Ferenc Stobäus und an Kameramann Matthias Müller.
Die gleiche Truppe war auch an der Produktion einer Spielszene im Oktober beteiligt, diesmal für
„Einfach genial“. Es ging um die ländliche Tradition, in der Küche auch ein Sofa aufzustellen, damit sich das Familienoberhaupt nach dem Mittagsmahl etwas ausruhen konnte, während Mama
den Abwasch machte. In Pomßen fand unser Aufnahmeleiter eine Küche, die während der letzten dreißig Jahre in einer Zeitkapsel gesteckt zu haben schien. Die Tapeten, die Möbel, das Geschirr - alles so, wie man das als Kind noch erlebt hatte. Inklusive einer Spraydose mit
„Ankerplast-Pflasterspray“, hergestellt in den frühen 1980ern, die uns aus dem Küchenunterschrank entgegenfiel. Einer der Darsteller für die Szene war der örtliche Pfarrer, ein Mann, der die Macht Gottes nicht nur verbal vertrat, sondern sie auch in einer wahrhaft imposanten Statur verkörpern konnte. Siehe Abbildung.
Einer meiner Leib-und-Magen-Drehs war eine Produktion für die „Hauptsache-gesund“-Ausgabe zum
„Heilmittel Honig.“ Wir machten Aufnahmen bei Imker Jürgen Schmiedgen in Walthersdorf und sahen bei der Gewinnung von
Propolis zu. Außerdem gab es hervorragenden Frühlingsblütenhonig zu kosten. Nur einer wurde bei der Produktion gestochen, nämlich ich. Eine Biene hatte sich in den Haaren über meiner Stirn verfangen, vermochte sich nicht zu befreien und stach schließlich zu. Ich konnte dem armen Insekt deswegen nicht böse sein. Leider allerdings hatte der Stich die Haut nur gestreift - die erhoffte spektakuläre Nahaufnahme vom stecken gebliebenen Stachel mit noch pumpender Giftblase gelang uns also nicht.
Für „Einfach genial“ stellten
wir im Sommer die Garten-Solardusche von Klaus Böhm vor. Herrn Böhm war es gelungen, in seinem Wohnort Au in der Hallertau den perfekten Drehort zu finden - ein komplettes Garten-Fotostudio, in dem normalerweise die Abbildungen für Hochglanz-Gartenmagazine hergestellt werden. Auf einer Grundfläche, die jener mehrerer Fußballfelder entsprach, war nahezu jede nur denkbare Gartensituation eingerichtet - mediterrane Kräutergärten, kleine Pavillons, Hecken, Staudengärten, eine Obstwiese, Terrassen, Rosenbeete. Wir durften unbehelligt auf die vorrätige Technik zurückgreifen - große Sonnensegel zum Abschatten, riesige Reflektoren zur Aufhellung.
Die Moderation zur gleichen Sendung wurde bei den Früchteveredlern von Dreiskau-Muckern aufgezeichnet. Dazu stand
hier schon etwas zu lesen. Die schönsten Produktionen sind für mich immer jene, in denen wir zeigen können, wie per Hand traditionelle Lebensmittel hergestellt werden.
Und das ließ sich, von der Ernte bis zum fertigen Marmeladenglas - nein, ich bin weiterhin nicht bereit, gemäß irgendeiner
EU-Verordnung das schöne alte Wort „Marmelade“ nur noch auf Zitrusfrucht-Zubereitungen anzuwenden - in dem ansehnlichen Dorf am Rande von Leipzig besonders gut beobachten.
„Alt, aber gesund“ hieß eine Ausgabe von „Hauptsache gesund“ am Ende des Monats November. Für den Einführungsbeitrag drehten wir das Porträt eines nicht ganz typischen Landarztes (Kamera: Uta Gruschwitz). Professor Gerhard Garweg hat an zwei Universitäten Anatomie gelehrt, lange eine eigene Praxis in Hamburg betrieben und nun die Betreuung von vier Dörfern bei Magdeburg übernommen. Das Besondere daran - der Mann ist 79. Wir begleiteten ihn bei drei Hausbesuchen und sahen bei der Sprechstunde zu. Mein Lieblingszitat aus dem Interview mit ihm: „Ich mache das fast unreflektiert. Aber immer unter der Generaldevise – Arbeit ist im Grunde etwas total Gesundes. Das muss ich wirklich sagen. Ich sage das auch häufig den Patienten. Ich habe leider auch häufiger Anlass, darauf hinzuweisen, dass Arbeiten eigentlich etwas sehr Gesundes ist.“
Noch ein schöner Dreh zu einem Lebensmittel-Thema
stand vor vierzehn Tagen auf dem Plan. Wir fuhren in den Westen der Altmark, nach Jahrstedt, zum Bioland-Betrieb
„Hermsmeyers Hof“. Dr. Jürgen Meyer-Roschau züchtet hier schwarzwollige Rinder, eine Kreuzung der Rassen Angus und Galloway. Kameramann Gunnar Kopp hatte die nicht anspruchslose Aufgabe, sich an die eher scheuen Viecher heranzupirschen und Bilder vom Fressen an der Futterraufe zu machen. Anschließend Einkauf im Hofladen - hervorragender Gulasch, mürber Schinken, hausgemachter Rinderfond, Leberwurst im Glas ohne Geschmacksverstärker oder Aroma- und Konservierungsstoffe. Da wird der gute Glauben an die Möglichkeit naturbelassener Lebensmittel mit neuer Nahrung versorgt.
Schließlich eine der letzten Produktionen des Jahres für „Einfach genial“. Im „Gründel-Stadion“, der Eishalle im sächsischen Geising. Hier wird Curling
gespielt - eine Sportart, die ich bisher einigermaßen überheblich als vollkommen albern abgetan hatte. Wer aber erst ein paar echte Profis im eleganten Spagat hat über das Eis gleiten sehen, der ist schnell bereit, seine Ansichten zu revidieren. Wir haben Kameramann Matthias Bilz auf eine Schneeschippe gesetzt, um ihn dann neben dem dahin rutschenden Spielstein herziehen zu können. (Übrigens, mein Lieber, das Auflagemaß bei den letzten Totalen in der Eishalle ... aber schweigen wir davon.)
Ein paar Tage vorher drehten wir auf der Naturrodelbahn am Fichtelberg bei Oberwiesenthal. Für den Städter ist es vollkommen überraschend, in ein einigermaßen schneesicheres Gebiet zu fahren. In Berlin rieselt der Regen, und in 1000 Metern Höhe liegt ein halber Meter Schnee,
schon seit Wochen. Wir haben dort die Erfindung eines Leipziger Schülers vorgestellt, einen Rodel mit Neigetechnik.
Hier steht Näheres dazu. Nicht wundern, dass Tobias Niederwieser nicht von
dem Neigerodel, sondern von
der Neigerodel spricht. Der Junge ist in Österreich geboren, dort sagt man das so. Für den Dreh stellte uns der freundliche Chef der Fichtelberg-Schwebebahn einen Mitarbeiter zur Seite - und der war mit seinem Motorschlitten zur Stelle (beheizte Handgriffe, Höchstgeschwindigkeit 160 Stundenkilometer). Das Ding kutschierte Kameramann und Protagonisten komfortabel den Hang hinauf und hinunter. Der Autor saß währenddessen auf einem klassischen Hörnerschlitten und fuhr, wenn eine Szene abgedreht war, dem Rest des Teams hinterher.
Zur Moderation für diese Sendung (Ausstrahlung übrigens am 6. Januar) waren wir zu Gast bei Peter Riedel in Tellerhäuser, dem Nachbarort von Oberwiesenthal. Der ehemalige alpine Skisportler - von denen gab es in der DDR nicht allzu viele - hat eine Anlaufspur für Sprungschanzen entwickelt, die praktisch das ganze Jahr über Sprungbetrieb erlaubt. Im Sommer auf einer Kunststoffrinne, ab September auf Eis. Ein sechs Meter langes Modell der Spur hat der Mann auf seinem Garagendach errichtet. Letzten Donnerstag waren wir dort zu Gast. Höhepunkt des Drehs war der Auftritt des zehnjährigen Skiflohs Hans, der zur Demonstration die Eisrinne mit Sprungskiern hinunterfuhr, einen Halbmeter-Hüpfer tat und knapp vor dem Gartenzaun wieder landete. Ein echter Fernsehprofi, der junge Mann - während wir noch mit Kameramann Frank Menzel über die richtigen Einstellungen diskutierten, rief er uns fröhlich zu, dass wir ihn doch bitte von unten, dann von oben und schließlich von der Seite beim Absprung aufnehmen sollten. Taten wir dann auch. Manchmal brauchen Fernsehleute eben ein wenig Hilfe.