Der Schnäpel
Der Schnäpel
Samstag, 5. Januar 2008
Fast hätte er es nicht geschafft auf meinen Teller. Der Schnäpel galt in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts als nahezu ausgestorben. In der Ostsee und in der Nordsee auch. Was schade gewesen wäre. Das weiße, magere und grätenarme Fleisch des Fisches wurde hier und da sogar dem der Forelle vorgezogen. Jetzt ist der Schnäpel wieder da, offenbar auch in den Boddengewässern von Darß und Zingst. Jedenfalls habe ich auf der Heimfahrt vom Ostseeurlaub in Wieck einen kaufen können.
Der Schnäpel, habe ich nachgelesen, gehört zu den Lachsartigen oder Forellenfischen, zu den Salmonidae. Und unter diesen zur Gattung Coregonus. Das ist eine höchst angenehme Verwandtschaft. Einige aus der Sippe habe ich schon gegessen. Maränen aus dem Arendsee. Andere Maränen aus dem Werbellinsee (allerdings betrüblicherweise zum Skelett frittiert). Erstaunlich große Maränen aus dem Plauer See. Die im Stechlinsee endemische Stechlin-Maräne (Coregonus fontanae), die man dort auch geräuchert bekommt. Und dann kann man am Gardasee den Coregone essen, von dem ich immer angenommen hatte, dass er zur gleichen Gattung gehört und auch eine Art Maräne, Felche oder Renke ist. Was stimmt, ich finde ihn hier als Gardasee-Felche erwähnt. Wer an den Gardasee kommt und in Saló Station macht, muss in die „Osteria dell‘Orologio“ gehen, wo es ein Carpaccio mit rohem Coregone gibt.
Mein Schnäpel wurde also von Wieck nach Berlin geschafft und kam noch am selben Abend auf den Tisch. Geschuppt war er schon, ausgenommen auch. Am Heimkunftstag nach einem Urlaub fehlen Zeit und Zutaten für die ganz große Küche. Im Kühlschrank fanden sich noch eine halbe Stange Porree, eine Petersilienwurzel, etwas Schinkenspeck und eine Zitrone. Also wurde der Fisch mit einer Handvoll dieser Beilagen in den Ofen geschoben und blieb dort bei 180 Grad eine gute halbe Stunde. Man muss ein bisschen vorsichtig mit der Hitze sein, denn das Fleisch wird allzu leicht trocken. Dazu wurde ein Kartoffelpüree mit etwas Petersilienwurzel gestampft. Und es gab einen 2005er Bordeaux. Nicht, weil der so gut zu Fisch passen würde, sondern weil die ganze Woche noch keine Gelegenheit war, ihn zu trinken. Natürlich war er zu kalt, wie das so ist in einer Wohnung, die man ein paar Tage sich selbst überlassen hat. Aber damit ließ sich ganz gut leben gestern Abend.
Der Schnäpel. Ein niedlicher Name schützt nicht vor dem Gefressenwerden.