Gut informiertes Wasser, glückliches Brot
Gut informiertes Wasser, glückliches Brot
Freitag, 21. Dezember 2007
Bei einigen Redaktionskollegen genieße ich den Ruf eines Spielverderbers. Das hängt mit meiner instinktiven Abwehrhaltung gegen gewisse Spielarten der, nun ja, Komplementärmedizin zusammen. Damit meine ich nicht die Pflanzenheilkunde. Die hat ihre Wirksamkeit in den letzten paar tausend Jahren hinreichend unter Beweis gestellt. Mich ergreift allerdings ein gewisses Unbehagen, wenn es um die angebliche Heilkraft der Edelsteine, um Irisdiagnose oder Bachblüten geht. Auch mit der Homöopathie habe ich meine Probleme. Ich mäkle gern an unserem Kinderarzt herum, wenn er gegen die Rachenentzündung des Sohnes ein Mittel verschreibt, das zwar keine nachweisbaren Wirkstoffe, wohl aber etliche Prozent Alkohol enthält.
Letzte Woche entdeckten wir im Sonderangebotsregal einer Apotheke ein Päckchen „Bachblüten-Notfallpillen für Hunde“. Ich möchte mir nur ungern vorstellen, in welche Notfälle ein Hund geraten könnte. Atemnot vielleicht, weil sich die herangefressene Fettleibigkeit und der Drang zum wütenden Verbellen aller Spaziergänger nicht vertragen. Was für eine Szene wäre das - ein verzweifelt japsender Köter und das besorgte Frauchen, das dem Liebling eine Bachblüten-Notfallpille in den Hals zu stopfen versucht.
Dann gibt es da noch den biologisch-dynamischen Landbau. Bio-Lebensmittel sind selbstverständlich etwas höchst Begrüßenswertes, und wer sich um die Qualität seiner Erzeugnisse so sorgt wie ein Biogärtner, -bauer oder -bäcker, der verdient rauschenden Beifall. Aber bei den begleitenden Verlautbarungen der demeter-Anhänger schrillt bei mir ganz laut das, was im englischen Sprachraum „bullshit detector“ heißt.
Wir sind seit einigen Monaten im Besitz der „Landbrot Fibel“. Das ist ein Heftchen der „Märkischen Landbrot GmbH“ mit dem Untertitel „Mythen und Fakten zu MÄRKISCHES LANDBROT“. Mal abgesehen davon, dass für den einen oder anderen Mitmenschen wohl auch die Regeln der deutschen Grammatik ins Reich der Mythen gehören - das ist doch unterhaltsamer Lesestoff.
„Wir lassen unser Wasser durch spezielle Kristallkammern strömen, wo es verwirbelt wird. Regionale biologisch-dynamische Präparate, mit denen wir das Wasser informieren, haben ebenfalls einen positiven Einfluss.“ Wir möchten hoffen, dass das Wasser anschließend tatsächlich gut informiert ist. Womöglich verwickelt es einen sogar in biologisch-dynamische Diskussionen. Die Dichterworte über „munter plaudernde Bächlein“ oder „murmelnde Wellen“ bekommen da einen ganz neuen Sinn. Moment, ich möchte vor dem Weiterschreiben meinen Cappuccino gern mit etwas Rohrzucker informieren.
Mein Lieblingsabschnitt ist dieser hier: „Um die Strapazen der technischen Aufarbeitung im Grundwasser zu heilen und es neu zu beleben, konzipierten und bauten wir einen ‚Wasserbeleber‘, den das Wasser vor Verwendung durchläuft. Hier kommen verschiedene Prinzipien in Bezug auf das Erdmagnetfeld, Flusskiesel, Bewegungsdynamik, energetische Ausrichtung und Lichtimpulse sowie neueste Erkenntnisse aus der Edelsteinforschung zur Anwendung.“ Neueste Erkenntnisse aus der Edelsteinforschung. Hm. Aber das Brot schmeckt ziemlich gut.
Es gibt gute Nachrichten, schlechte Nachrichten. Hauptsache, der Teig geht auf.