Vertigo mit Herrn Ohnesorge
Vertigo mit Herrn Ohnesorge
Samstag, 9. Februar 2008
Es ist ja keineswegs so, dass mit jedem Fernsehbeitrag das Medium neu erfunden wird. Wenn wir nach Bildern suchen, um eine Geschichte überzeugend vor Augen zu bringen, dann arbeiten wir natürlich mit Zitaten, Anspielungen und Bezügen auf Bekanntes. Und wenn ein Kollege eine gute Idee hatte, dann entlehnen wir die gern. Hinterher geben wir ihm einen Kaffee aus.
Dem Kollegen Alfred Joseph Hitchcock kann ich leider keinen Kaffee mehr ausgeben. Aber wenn man eine Fernsehsendung zum Thema „Schwindel“ macht, dann muss man zumindest einmal mit dem Kameramann über „Vertigo“ und den „Vertigo-Effekt“ diskutiert haben. Es geht dabei um die Visualisierung des Schwindelgefühls durch einen eigentlich simplen Kunstgriff - eine Kamerafahrt mit gleichzeitigem, gegenläufigem Zoom. Dabei scheint sich der Raum vor dem Betrachter zu verändern, auf eine Weise, die allen optischen Gesetzen widerspricht und in der Realität nicht erfahrbar ist. Das ist so irritierend, dass einem schwindlig wird.
Letzte Woche haben wir einen Beitrag über die Ursachen alltäglicher Schwindelanfälle gedreht. Es ging um das gestörte Zusammenspiel von Augen, Tastsinn und Gleichgewichtsorgan. Dazu musste der Eindruck des Schwindels natürlich in Bilder übersetzt werden. Die einfachste Möglichkeit ist immer die - man schickt den Kameramann in den Park, lässt ihn die Optik in die Baumkronen richten und eine Drehung um die eigene Achse vollführen. Das Ergebnis hat jeder schon dutzende Male gesehen. Damit erneut anzukommen, wäre aber kein geschicktes Zitieren, sondern einfach nur faul. Und langweilig.
Also bemüht man Hitchcock und baut zumindest an einer Stelle einen Vertigo-Effekt ein. Wer die Sendung „Hauptsache gesund“ am 14. Februar anschaut und ihn findet, bekommt einen Fleißpunkt. Außerdem denkt man darüber nach, wie man das Publikum noch auf andere Weise schwindlig spielen kann.
Nachteil bei dieser Variante - man sieht den Helm. Und wer allgemeine Dinge über Schwindel erzählen möchte, erzeugt mit einem behelmten Darsteller eher ungewollte Verwirrung. Also musste eine Konstruktion her, mit der sich eine Kamera am Kopf anbringen ließ, die aber im Bild nicht zu erkennen sein durfte. Gut, wenn man einen Baumarkt in der Nachbarschaft hat. Aus ein paar Aluminiumprofilen, etlichen Flügelschrauben und der Innenauskleidung eines Kinder-Fahrradhelms (Materialkosten insgesamt: etwa 40 Euro) entstand letzten Samstagnachmittag dann eine Halterung, die sich zumindest komfortabel auf dem Kopf balancieren ließ. Eigentlich war sie für eine leichte Fingerkamera ausgelegt. Weil es uns beim Dreh aber nicht gelang, deren Blendeneinstellung zu fixieren, musste doch meine betagte - und etwas gewichtigere - Mini-DV-Kamera ans Rohr gehängt werden. Dank einem Gegengewicht kippte das Ganze unserem sympathischen Darsteller Wolfgang Ohnesorge nicht vom Kopf.
Die etwas sperrigen Metallbauten wandern nun zunächst einmal in den Keller. Die nächste Schwindel-Sendung kommt ganz gewiss. Man kann sich ja bei Gelegenheit auch selbst zitieren.
Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht?