Wir mögen es gar nicht, wenn uns ständig unter die Nase gerieben wird, dass „Jegliches seine Zeit“ habe und mithin alles vergänglich sei. Doch gerade im beginnenden Herbst muss man sich schon gut verstecken,
wenn man nicht ständig auf entsprechende Hinweise gestoßen werden möchte. Es braucht dazu noch nicht einmal trübes Wetter. Auch bei schönstem Sonnenschein grüßt allenthalben der Schnitter.
Zum Beispiel beim Pilzesuchen im Wald zwischen Staffelde und Börnicke. Da stehen dann auf einer malerischen Birkenlichtung nicht nur musterhafte Maronen im Moos, sondern auch prächtige Fliegenpilze. Zunächst beeindruckt das wenig. Amanita muscaria ist schließlich nur für Fliegen wirklich tödlich. Doch der Wald legt noch einen drauf und lässt unter der nächsten Pinie einen Grünen Knollenblätterpilz auftauchen. Man betrachtet das Monstrum mit Demut. Soll ja hervorragend schmecken, hört man. Wer sich eingehender mit der Endlichkeit des Daseins beschäftigen möchte, kann sich das höchst instruktive Kapitel über Pilzvergiftungen auf dieser wundervollen Seite durchlesen.
Anderntags stößt man im Pankower Schlosspark auf eine Uferwiese mit
Herbstzeitlosen.
Der späte Giftkrokus bildet mit seinen im März blühenden entfernten Verwandten eine schöne Klammer für das Jahr - man kann anhand zweier Zwiebelgewächse ausführlich über Werden und Vergehen sinnieren. Und zudem über die tiefere Bedeutung des klangvollen Pflanzennamens nachdenken. Schließlich gehört die Herbstzeitlose zu den Zeitlosengewächsen, den Colchicaceae. Und alle blühen, wenn man so will, außerhalb der den Blütenpflanzen sonst zugestandenen Jahreszeit.
Nahezu erschöpfende Auskunft über die verschiedensten Giftpflanzen
ist übrigens
hier zu finden. Über die Eibe, die im Herbst ihre Samen ansetzt, deren fleischiger roter Mantel der einzig ungiftige Teil der Pflanze ist*. Über das Pfaffenhütchen, einen Strauch, der ebenfalls im Herbst seine absurd bunten Früchte bildet, die voller Steroidglykoside stecken. 2006 übrigens
Giftpflanze des Jahres. Den Efeu könnte man noch nennen, auch dieser trägt in dieser Jahreszeit Früchte. Und der Herbst-Eisenhut blüht. Eine Aufzählung, die natürlich vollkommen willkürlich ist und überhaupt nichts beweist, weil in den Sommermonaten ungleich mehr Giftpflanzen wachsen und Blüten zeigen. Aber wer im Herbst überall nach den Spuren des Sensenmannes sucht, der findet auch an allen Wegen welche.
*In einigen Gegenden Deutschlands bereitet man aus diesem so genannten Arillus sogar eine Marmelade zu. Man muss nur streng darauf acht geben, dass kein Bröckchen des eingebetteten Samens mit in die Mischung gerät. Sonst wird die Sache giftig. Fruchtaufstrich von der Eibe ist sozusagen der Kugelfisch unter den Konfitüren.