Platz 2: Radiohead, „In Rainbows“
Platz 2: Radiohead, „In Rainbows“
Dienstag, 11. Dezember 2007
Anlässlich der Veröffentlichung von „In Rainbows“ wurde zunächst mal aufgeregter über das damit verbundene Geschäftsmodell diskutiert als über die Musik. Dem Käufer anheim stellen, was er für den Erwerb des Albums ausgeben möchte? Riskieren, dass eine Mehrheit sich die Stücke für lau auf den Rechner zieht und dann auch noch mäkelt, dass die Kompressionsrate nur mittelmäßig sei? Dazu will ich mal nur so viel sagen: Ich habe 10 Euro für den Download bezahlt, weil ich als freischaffender Autor der erzkonservativen Auffassung bin, dass ein Künstler für sein Werk verdammt noch mal honoriert gehört. Na ja, im Prinzip jedenfalls. Ich gebe ja zu, dass die Einhaltung solcher Prinzipien in der digitalen Überflussgesellschaft häufig schwer fällt, schließlich gibt es praktisch jeden beliebigen Inhalt an jeder Ecke gratis. Bloß - geht es nur mir so, dass ich mich im BitTorrent-Ambiente immer so fühle, als sei ich in einem besonders schmierigen Viertel unterwegs, in dem mir unablässig finstere Dealer auf die Schulter tippen? Natürlich, das geht nur mir so. Aber wenn ich höflich gefragt werde, ob ich denn für ein nun wirklich herausragendes Album zumindest eine Anerkennung spenden möchte, dann würde ich mich schämen, schnöde „nö!“ zu sagen.
Aber es geht ja um die Musik. Und dabei vor allem um Thom Yorkes Stimme. Die ist mittlerweile wirklich aller Erdenschwere enthoben und schwebt komplett losgelöst durch die feinnervigen Tracks des Albums („Nude“!). Die elektronischen Sounds ergeben nun endlich Sinn und stellen die delikaten Melodieideen umso deutlicher heraus („15 Step“!). Die Formulierung, ein Album „wachse beim Hören“, hatte mal einen abschätzigen Unterton. Hier nicht. Mit jedem Durchgang entfalten sich neue Räume, leuchten neue Details auf. Mit „In Rainbows“ werde ich noch lange zu tun haben.
„Don‘t get any big ideas/they‘re not gonna happen/you‘ll go to hell for what your dirty mind is thinking“ („Nude“)