Alles Wurst
Alles Wurst
Dienstag, 26. Oktober 2010
Erfindergeist ist hoch zu loben. Wenn er sich allerdings an Lebensmitteln austobt, sollten sofort sämtliche Warnlämpchen aufflackern. Vor allem dann, wenn es um die vermeintliche Verbesserung an sich guter Nahrungsmittel geht. Davon gibt es genug. An einer Möhre etwa ist nichts Falsches. Es gibt keinen triftigen Grund, sie zu Matsch zu pürieren und anschließend maschinell zu extrudieren, nur um festzustellen, dass dem so gewonnenen Knabberzeug das natürliche Möhrenaroma fehlt, welches man also in künstlicher Form wieder zusetzen muss.
Schlimmer noch sind Experimente mit jenen Lebensmitteln, die allgemein als ungesund gelten, aber leider gern gegessen werden. Würste zum Beispiel. Bratwürste etwa transportieren bekanntlich eine gewaltige Menge an Kalorien in besonders kompakter Form. Das verwendete Fett löst bei Kardiologen zuverlässig Panikattacken aus. Diese Umstände sind den meisten Menschen durchaus geläufig, dennoch verzehren sie solche Würste mit großem Behagen gleich mehrmals in der Woche. Nun kann man darüber streiten, wo das eigentliche Problem liegt - in der ungünstigen Zusammensetzung der einzelnen Bratwurst oder in der Tatsache, dass so viele davon vertilgt werden. Erfinderische Lebensmittelerzeuger allerdings sind sich schon ganz sicher bei der Antwort. Sie füllen Bratwürste mit Joghurt auf und glauben, damit ein gesünderes Nahrungsmittel auf den Markt gebracht zu haben. Weil diese Würste jedoch nicht ganz so schmecken wie das Original, wird wieder mit Geschmacksverstärker nachgeholfen.
Noch abstruser klingt das schon einige Jahre zurückliegende Projekt einer Mühlhäuser Fleischerei, die Wurstwaren mit Steinmehl anreicherte. Argument dafür war, dass angeblich große Teile der Bevölkerung an einer Unterversorgung mit diversen Mineralstoffen litten. Warum dieses Manko ausgerechnet durch den Verzehr eigens präparierter Wurst ausgeglichen werden sollte, erschloss sich dabei nicht recht.
Vor diesem Hintergrund wird verständlich, warum ich an einen Beitrag über den Erfinder einer Fisch-Salami mit größter Skepsis heranging. Eine Salami also, in der „ungesundes“ rotes Fleisch durch „gesunden“ Fisch ersetzt wird? Eine gesündere Salami, mit allen nur denkbaren Kompromissen bei Zutaten, Geschmack und Lagerfähigkeit?
Neben Parzer hat die Idee von der Salami noch einen zweiten Vater - den Gmundener Fleischhauer Hermann Gruber. Auch jemand, der etwas von unverfälschten Lebensmitteln versteht, die ohne Ersatz- und Zusatzstoffe auskommen. Der Mann betreibt eine Zucht von Mangalitza-Schweinen, einer ursprünglich aus Ungarn und Serbien stammenden Rasse, die man auch als Wollschwein kennt. Die Viecher zeichnen sich durch relativ dunkles Fleisch mit hohem Fettanteil aus. Gruber macht einen Kräuterschinken mit stolzem Fettrand, und außerdem stellt er Lardo di Colonnata her. Das ist ein reinweißer Speck, pures Fett also, mit Kräutern in Marmorkisten gereift. Hauchfein aufgeschnitten, scheint er auf der Zunge zu verdunsten.
Warum nun aber eine Salami aus Fisch? Gruber: „Ja, mein Freund, der Hans Parzer, hat für die Eröffnung seines Lokales einen Gag gesucht. Und dann sind wir zu fortgeschrittener Stunde nach ein paar Bieren auf die Idee gekommen, eine Fischsalami zu produzieren. Nach anfänglichen Schwierigkeiten ist das dann noch a ganz a Klasse G’schicht geworden.“
Die beiden Österreicher sind inzwischen aber schon einen Schritt weiter. Während der Dreharbeiten im September erzählte uns Johann Parzer von neuen Plänen für Delikatessen aus Fisch. Wenig später meldete er sich noch einmal - es gibt nun auch einen Alpenfisch-Schinken.
(Der Fernsehbeitrag über die Fischsalami aus Gmunden wurde am 26. Oktober 2010 bei „Einfach genial - Frisch auf den Tisch“ ausgestrahlt.)
Herstellung von Fisch-Salami in der Fleischerei Gruber in Gmunden.