Nudeln
Nudeln
Mittwoch, 30. Januar 2008
In jeder Küche gibt es einen Unterschrank, in den Geräte verbannt wurden, die niemand wirklich braucht. Ein Parkplatz für wohl gemeinte Geschenke der Verwandtschaft oder ehrgeizige Anschaffungen, mit denen man mal sein Leben verändern wollte. Ein Versteck für Dinge, mit denen die Zubereitung einfacher Mahlzeiten plötzlich zu einer hochtechnischen Angelegenheit wird. Mir hat noch keiner erklären können, wozu etwa ein Eierkocher nötig ist. Wir haben natürlich keinen. Denn was braucht man zum Kochen eines Frühstückseis wohl mehr als einen gewöhnlichen Topf, etwas Wasser und eine Wärmequelle? Gut, eine Nadel vielleicht, um das Ei mit einem Stich gegen das Platzen zu präparieren. Ich gebe zu, dass sich für diesen Zweck sogar ein Edelstahl-Eierpikser in unserem Küchenregal findet. Aber das ist dann wirklich alles.
Manche Menschen sind auch im Besitz eines Reiskochers, von dessen Vorteilen ich ähnlich wenig überzeugt bin. Vor einiger Zeit versuchte mir mal jemand auseinanderzusetzen, warum die Anschaffung eines Reiskochers eine wirklich gute Idee wäre. Ich habe sämtliche Argumente vergessen. Woraus ich mir zu schließen erlaube, dass sie nicht sehr gut gewesen sein können. Ach so, der Reis brennt in so einem Kocher nicht an, und er wird auch immer auf den Punkt gar? Das gleiche Resultat ist mit einer konventionellen Küchenausrüstung zu erreichen, wenn man den Reis nur bei genügend geringer Temperatur ausquellen lässt.
Gestern Abend wurde "Multipast" wieder einmal vom Staub befreit und feierlich ins Dachgeschoss getragen. Was gibt es auch Schöneres als frische Eiernudeln, vielleicht sogar gefüllt?
Entscheidend sind, wie immer, die Zutaten. Die meisten Nudelrezepte, auch viele in sich authentisch gebenden italienischen Kochbüchern, nehmen zur Grundlage gewöhnliches Weizenmehl. Man kann dem folgen, allerdings bekommt die Pasta dann nicht den rechten Biss. Besser, man ersetzt zumindest einen Teil des Mehls durch Grieß, genauer: Hartweizengrieß. Der gewöhnlich handelsübliche ist jedoch etwas zu grob gemahlen. Glücklicherweise findet man inzwischen auch original italienischen "Hartweizendunst", das Getreide wird dazu feiner gemahlen als gewöhnlicher Grieß, aber eben nicht so fein wie Mehl. Auf der Tüte stehen dann die sympathischen Worte semola di grano duro rimacinata. Das ist das rechte Zeug für frische Nudeln.
Die Italiener unterscheiden zwischen pasta secca - Nudeln aus Hartweizen und Wasser, weiter nix, jedenfalls nach Genueser Reinheitsgebot - und pasta frescha. Erstere werden getrocknet und halten ewig, letztere, die "frischen", enthalten zusätzlich Eier und werden am besten gleich nach der Zubereitung gegessen.
Für die eigene Pasta nehme ich auf 500 Gramm Mehl, also semola, fünf Eier. Wer hier zurückzuckt, kann das eine oder andere Ei auch durch Wasser ersetzen. Die Eier werden in eine Kuhle gegeben, die man zuvor in die Mitte des Mehls gedrückt hat. Zwei Löffel Olivenöl dazu und eine Prise Salz. Damit die Nudeln hübsch gelb aussehen und auch noch ein bisschen extra Aroma kriegen, gebe ich ein paar Safranfäden in den Mörser und mische das entstandene Pulver mit einigen Löffeln Wasser. Apotheker nennen so etwas tatsächlich "Schönungsdroge". Die Safranlösung kommt in den Teig, und dann wird angemischt. Dafür gibt es ein ausgeklügeltes Prozedere, das sich darum dreht, nach und nach - poco a poco - das Mehl vom Rand in die Mitte, zu den Eiern, zu schieben und mit ihnen zu vermengen. Ich gebe das meistens nach einigen lustlosen Versuchen auf - der Zweck ist mir ohnehin nicht klar - und knete den ganzen Matsch lieber gleich richtig durch. Der Teig soll glatt und elastisch werden, weder bröckeln noch übermäßig kleben. Dann gehört er in Klarsichtfolie gepackt und in Ruhe gelassen, für mindestens eine Stunde, damit der Weizenkleber für Bindung sorgen kann.
In der Zwischenzeit wird die Maschine aufgebaut. Ein schweres Ungetüm, das irgendwo angeklemmt werden muss. Pasta machen strengt an, dennoch misstraue ich den motorisierten Varianten der Kollegin "Multipast". Während der Teig noch sich selbst überlassen ist, bereite ich die Zutaten für sugo und Füllung vor. Es soll nicht nur Bandnudeln, sondern auch Ravioli mit karamelisierten Maronen geben, also muss nun Zucker schmelzen.
Die letzten vier Teigbahnen sind aber für die geplanten Ravioli reserviert. Die werden bei mir manuell hergestellt. Meiner "Multipast" liegt zwar eine Zusatzvorrichtung bei, die den Namen "Raviolissima" trägt. Doch wer damit versucht, ernst zu nehmende Teigtaschen herzustellen, muss Momente großer Frustration erleben. Die Hälfte der Füllung landet nicht im Teig, sondern in den mechanischen Innereien der Maschine. Diese lässt sich aber nur sehr schwer reinigen, der Einsatz von Wasser ist dabei ganz untersagt. Konstruktiv sicher keine Meisterleistung. Die in Aussicht stehende Säuberung der "Multipast" verdirbt jedes Mal ein wenig den Appetit. Aber nur ein wenig.
Und dann kann man essen und daran denken, wie nützlich das eine oder andere Küchengerät doch ist.
Ravioli aus der Teilzeitmanufaktur.